Rechte und linke Gehirnhälfte
Die rechte Gehirnhälfte ist für unser Fühlen, unsere emotionale Wahrnehmung und unser emotionales Handeln zuständig.
Dazu zählen:
- Gefühle – Angst, Traurigkeit, Verwirrung, Verzweiflung, Panik, Ekel, Hass, Zorn, …
- Sinneswahrnehmungen – Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten.
- Körperempfindungen – Anspannung, körperlicher Schmerz, beschleunigter Atem, erhöhter Herzschlag, Zittern, enger Hals, Druck in der Magengegend, Schwäche, Ohnmacht, ….
- Kreativität – gestalten, malen, musizieren, schreiben, singen, tanzen, … (musisch, intuitiv)
Die linke Gehirnhälfte ist für unser Denken, unsere Sprache und unser rationales Handeln zuständig.
Dazu zählen:
- Gedanken – analytisch, logisch, rational, örtliche und zeitliche Einordnung
- Sprache – Kommunikation, Sätze formen, etwas geordnet wiedergeben
- Handeln – etwas zusammenbauen, einem vorgegebenen Ablauf folgen, zeitliche Abläufe festlegen.
Akute Belastungsreaktion
Unsere Fähigkeit etwas gleichzeitig rational und emotional zu erfassen ist möglich, weil die rechte und die linke Gehirnhälfte ständig mit einander kommunizieren. Wenn das Zentrale-Nervensystem aufgrund eines dramatischen Ereignisses (Vergewaltigung, Unfall, Krieg) in einen Ausnahmezustand gerät, den es nicht selbstständig bewältigen kann, wird der Kommunikationsfluss zwischen rechter und linker Gehirnhälfte gestört, was zur Folge hat, dass das Erlebte nicht verarbeitet werden kann. Aus dem anfänglichen Schock und der akuten psychischen Belastungsreaktion entwickelt sich eine Posttraumatische Belastungsstörung.6
Unser System im Schock
Bei einem hereinbrechenden und lebensbedrohlichen Ereignis (Unfall, Überfall, Vergewaltigung, Krieg) kommt es zu einer extremem seelischen Erschütterung, der gesamte Organismus befindet sich in einem akuten Ausnahmezustand und das System versucht sich zu stabilisieren, indem es seine autonomen Überlebensfunktionen abruft und auf Autopilot umschaltet, wie beispielsweise:
- Verminderung der Blutzirkulation der Kapillaren.
- Der Körper versorgt nur noch die überlebenswichtigen Organe mit ausreichend Blut und Sauerstoff.
- Ausschüttung der Alarmhormone Adrenalin und Noradrenalin.
In einer Schocksituation ist das Gehirn in der Lage, zum Selbstschutz, die emotionale rechte Gehirnhälfte von der kognitiven linken Gehirnhälfte ganz oder teilweise abzutrennen. So werden lähmende Gefühle wie Todesangst in den Hintergrund gedrängt um schnell reagieren zu können.
Für ein überlebenssicherndes Verhalten, stehen drei Schockreaktionen zur Verfügung:
Angriff (Fight) – Kampf und Angriffsbereitschaft, wenn ich mich überlegen fühle.
Der Versuch und die Hoffnung durch Gewalt, Machtausübung und Kontrolle Sicherheit herzustellen.
Flucht (Flight) – Flucht nach innen und außen, wenn ich mich unterlegen fühle.
Der Versuch und die Hoffnung durch Dissoziation, Realitätsflucht, Rückzug und Isolation in Fantasiewelten Sicherheit herzustellen.
Einfrieren (Freeze) – Erstarrungszustand mit Todstellreflex, wenn ich mich unterlegen fühle und nicht fliehen kann.
Der Versuch und die Hoffnung durch aufgeben, nicht-spüren, totstellen und tonische Immobilität Sicherheit herzustellen.
Schock in unserer Gesellschaft
Die akute Belastungsreaktion tritt sofort mit dem Schock auf und hält normalerweise Minuten, Stunden bis mitunter mehrere Tage an. In den meisten Fällen wird ein Schock Erlebnis mit der darauf folgenden akuten Belastungsreaktion von den Betroffenen, deren Angehörigen und Ärztinnen nicht ausreichend ernst genommen (bis Du verheiratet bist, ist alles wieder gut | die Zeit heilt alle Wunden | ein Indianer kennt keinen Schmerz). In unserer Gesellschaft existiert nach wie vor eine Abneigung gegen professionelle psychologische Unterstützung – das ist nur was für Schwache oder Bekloppte. Dieses Abwehrverhalten wird in zahlreichen Filmen zelebriert, die Protagonistinnen stecken jedes noch so grausame Ereignis einfach weg, nehmen ein paar Pillen und machen ihren Job. Empfehlungen sich helfen zu lassen, lehnen sie grundsätzlich ab. Diese ständige Wiederholung vermeintlicher Stärke wird die dringend notwendige Akzeptanz von Therapie weiterhin verhindern. Es braucht Mut sich einzugestehen Opfer einer Gewalttat geworden zu sein, nicht fähig zu sein dieser Situation zu entkommen und unter Spätfolgen zu leiden.
Der Versuch einen Schock mit Alkohol, Tabletten Sport, Arbeit, Ablenkung usw. zu bewältigen wird das Erlebte mit allen damit verbundenen Reizen (Gefühle, Gerüche, Geräusche, visuelle Eindrücke) ins Unterbewusstsein verdrängen. Aus der akuten Belastungsreaktion entwickelt sich in den kommenden Wochen, Monaten, Jahren und sogar Jahrzehnten eine Posttraumatische Belastungsstörung. Symptome und Ausmaß sind individuell und abhängig von der Konstitution und Persönlichkeit der betroffenen.
Zu den Symptomen zählen:
- verminderten Stress Resilienz
- Geistesabwesenheit
- Belastende und negative Gedanken bis hin zu Zwangsgedanken
- Erhöhte Alarmbereitschaft
- Reizbarkeit
- Schlafstörungen
- Übererregbarkeit
- Engegefühl
- Herzklopfen und Atembeschwerden
- Schreckhaftigkeit
- Zittern und Schweißausbrüche
- Ängste und Panikattacken
- Verlust der Lebensfreude
- Vermeidungsverhalten
- Depressive Verstimmungen und innere Leere
- Depression
- Sozialer Rückzug und Isolation
- Störung der Libido
- Gedächtnislücken – Teil-Amnesie
- Flashbacks
Flashback – regressive Erinnerung
Ins Unterbewusstsein verdrängte Schock-Erlebnisse können durch verschiedenste Auslöser plötzlich im Bewusstsein auftauchen. Solch ein Flashback katapultiert einen Teil der Wahrnehmung in die Vergangenheit, zu dem Ereignis, das den Schock ausgelöst hat. Alle Gefühle, die damals nicht bewältigt werden konnten sind plötzlich wieder präsent. Erinnerung und Wirklichkeit vermischen sich, es fühlt sich an – als würde es jetzt geschehen!
Ein Flashback ist eine plötzlich auftretende Veränderung der Wahrnehmung ohne erkennbaren Bezug zur Realität. Die regressive Erinnerung hat immer einen direkten Bezug zu einem traumatisierenden Ereignis in der Vergangenheit, meistens ist es aber nicht möglich diese Verbindung zu erkennen.
- kognitiver Flashback – ein Gedanke schießt plötzlich durch den Kopf
- visueller Flashback – es entstehen plötzlich Bilder im Kopf
- physischer Flashback – ein Körpergefühl ist plötzlich spürbar
- emotionaler Flashback – ein plötzlich unkontrolliert auftretendes Gefühl
- olfaktorischer Flashback – ein Geruch steigt plötzlich in die Nase
- gustatorischer Flashback – ein Geschmack überlagert plötzlich den Gewohnten
Traumaorientierte EMDR Therapie in meiner Praxis
Traumaorientierte EMDR Therapie kann nur in einer entspannten, vertrauensvollen und sicheren Atmosphäre gelingen. Ich erkläre Dir im Vorfeld den Ablauf ganz genau, gehe auf eventuelle Zweifel ein und beantworte alle aufkommenden Fragen. Zu Beginn der Traumafokussierten EMDR Therapie erarbeite ich mit Dir gemeinsam Dein aktuelles Problem und Deine damit verbundene Belastungsreaktion, wie sie sich in Deinem Alltag darstellt. Wir versuchen Dein Problem einzugrenzen und auf einer Skala von 1 bis 10 – Dein momentanes Stresslevel, festzulegen. Während dem Verarbeitungsprozess, den Augenbewegungen, werde ich Dich immer wieder ermutigen, Dich auf die aufkommenden Emotionen sowie die entstehenden Bilder und Erinnerungsfetzen einzulassen – Du bist zu keinem Zeitpunkt auf Dich alleine gestellt und keiner Situation hilflos ausgeliefert.