Traumaorientierte Einzeltherapie
Einzeltherapie ist die am meisten praktizierte Form der Psychotherapie und wurde im 20. Jahrhundert von einer Vielzahl unterschiedlichster Psychiaterinnen, Psychologinnen, Psychotherapeutinnen, Neurologinnen, Ärztinnen, Forscherinnen und Philosophinnen zu dem entwickelt, was wir heute kennen.
Im Wesentlichen waren das:
- Sigmund Freud (1856 – 1939) – Psychoanalyse
- Alfred Adler (1870 – 1937) – Individualpsychologie
- Carl Gustav Jung (1875 – 1961) – Analytische Psychologie
- John B. Watson (1878 – 1958) – Verhaltenstherapie (Behaviorismus)
- Melanie Klein (1882 – 1960) – Kinderpsychoanalyse, Objektbeziehungstheorie
- Dorothy Burlingham (1891 – 1979) – Kinderpsychoanalytikerin
- Anna Freud (1895 – 1982) – Psychoanalyse, Kinderanalyse
- Wilhelm Reich (1897 – 1957) – Vegetotherapie (Körperpsychotherapie)
- Carl Rogers (1902 – 1987) – Klientenzentrierte Gesprächstherapie
- Gerda Boyesen (1922 – 2005) – Biodynamische Psychologie
Wichtiger als die Technik, ist aber die Beziehung zwischen Therapeutin und Patientin. Ohne Beziehung und gegenseitigem Vertrauen ist Therapie nicht möglich.
Die Patientin geniest für die Dauer der Therapiesitzung, die volle und uneingeschränkte Aufmerksamkeit der Therapeutin. In dieser Intensität entsteht mit der Zeit eine Vertrautheit, die es der Patientin ermöglicht sich zu entspannen und Schritt für Schritt ihr Unterbewusstsein wahrzunehmen. Wenn sich beide, während der Therapiesitzung auf diese, fast schon „intime“ Beziehung einlassen, kommt es zu einer Übertragung (Verwechslung) von der Patientin zur Therapeutin.
Beispielsweise überträgt die Patientin ihre „Liebe“ oder „Ablehnung“ zur Mutter auf die Therapeutin. Das führt dazu, dass die Patientin ihre Therapeutin, von da an mit ihrer Mutter verwechselt und ihr das gleiche Verhalten entgegenbringt; Schuldbewusstsein, Unterwürfigkeit, Hilflosigkeit, Ohnmacht, verirrte Liebe, Zuneigung, Ablehnung, Hass, Vorwurfshaltung, Erwartungen, Hoffnungen, Ansprüche, …
Es ist die Aufgabe und Verantwortung der Therapeutin, diesen unbewussten Vorgang der Übertragung aufzugreifen und der Patientin bewusst zu machen. Wenn die Übertragung nicht bewusst bearbeitet wird, kann sie therapeutisch nicht genutzt werden. Sie wird als ständiger Störfaktor zur Therapieblockade und führt zu einer Verstrickung zwischen Patientin und Therapeutin. Eine Fortsetzung der Therapie ist unter diesen Umständen nicht möglich!
Wird die Übertragung in die Therapie integriert, ermöglicht sie der Patientin, sich selbst noch einmal als Kind zu erleben (Regression) und wahrzunehmen wie ein bestimmtes Verhalten ihrer Mutter dazu geführt hat, dass Teile ihrer Entwicklung gestört, unterbrochen oder gar festgehalten (arrested Development) wurden und bis zum heutigen Tag gestört, unterbrochen und festgehalten sind. Durch die Unterbrechung ihrer Entwicklung, sind eben diese Verhaltensmuster entstanden, die sie jetzt ihrer Therapeutin entgegenbringt.
Im Verlauf der Selbsterfahrungstherapie, die als Modul der ganzheitlichen Traumatherapie von der Patientin selbstständig und eigenverantwortlich zwischen den Einzeltherapieterminen praktiziert werden sollte, kann sie auch in ganz alltäglichen Situationen erkennen, dass sie andere mit ihrer Mutter verwechselt und völlig unbewusst in kindliche Verhaltensmuster verfällt (regrediert). Irgendwann im Verlauf der Therapie ist es der Patientin möglich, die unterbrochene Entwicklung zu vollenden und endlich erwachsen zu werden.